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Herzlich Willkommen in der Chihuly Collection, die Ihnen vom Morean Arts Center präsentiert wird. Es ist mir ein besonderes Vergnügen Ihnen die ebenso phantastischen wie faszinierenden Kunstwerke aus Glas vorzustellen.

Lassen Sie mich mit ein paar Informationen über Dale Chihulys Lebenlauf beginnen:er wurde 1941 in Tacoma, Washington geboren und er lebt und arbeitet seit Jahrzehnten in Seattle. Zunächst studierte er Innenarchitektur und Design an der University of Washington, nach dem Bachelor Examen wechselte dann er auf die University of Wisconsin und begann sich für´s Glasblasen und für Glaskunst zu interessieren.

Er schloss seine Studien mit einem Master’s of Fine Arts Zertifikat von der berühmten Rhode Island School of Design (RISD) ab, zehn Jahre lang unterrichtete danach noch im Glas-Programm des Instituts.

1968 gewann er ein Fulbright Fellowship und durfte in der Venini Glasfabrikation in Murano -der Insel neben Venedig, wo seit Jahrhunderten alle Glasbläsereien sind – studieren. Hier lernte er, wie Glasblasen im Team funktioniert, eine Methode die er bis heute in seinen Werkstätten praktiziert. Das Konzept erwies sich als besonders wichtig nachdem er Mitte der 1970er Jahre einen Autounfall hatte und auf einem Auge erblindete. Wegen des eingeschränkten Gesichtsfeldes musste er die gefährliche Arbeit am Schmelzofen aufgeben und ist nun nur noch als Teamleiter tätig.

Dale Chihuly stellt seine Arbeiten gerne im Freien aus: 1995 präsentierte er das internationale Projekt “Chihuly in Venedig” und für die Jahrtausendwende veranstaltete er eine imposante Schau “Chihuly im Angesicht von Jerusalem”.

Er liebt botanische Gärten und im Verlauf eines Jahres gibt es hier und da – Klima bedingt und zeitlich begrenzt – die eine oder andere Gartenschau. Wenn Sie also einmal sehen wollen, wie sich seine Glas-Kandelaber in Gewächshäusern ausmachen und seine bunten gläsernen Netz-Schwimmer auf einem Teich zwischen Seerosen gondeln, dann schauen Sie ab und zu auf Chihulys Web-Seite und orientieren sich, ob er in Ihrer Nähe etwas geplant hat. Nach all diesen Vorinformationen lade ich Sie nun in die erste Gallerie unserer Sammlung ein und bitte Sie, sich nach links zu wenden. Sehen Sie die vielen kleinen Glassplitter neben dem grossen Tisch liegen? Sie symbolisieren den Beginn aller Glaskunst, denn man kreiert zunächst eine Ei-förmige Blase aus klarem Glas bevor man verschiedene Farben in Lagen auftragen und das Volumen Atemzug um Atemzug vergrößern kann.

Über die Jahre hat Chihuly verschiedene Kunstformen entwickelt, in denen er dann “serienmäßig” weiterarbeitet, sie heißen “Baskets”, “Persians”, “Macchia” und “Seaforms”. Exemplare einzelner Serien arrangiert er dann zu Installationen. Die Inspiration für die “Baskets”, die Sie hier auf dem Tisch sehen, kam ihm während eines Besuchs der “Washington State Historical Society”. Er war fasziniert von einer Sammlung antiker indigener Körbe von Stämmen an der Nordwestküste, die vom Gebrauch verbogen und unförmig geworden waren. Zurück im Studio begann er die Impressionen in Glas umzusetzen, er liess Schwer- und Fliehkraft wirken und befreite sich damit von der bislang gültigen Vorstellung, dass Glaskunst symmetrisch sein muss. Eine andere Innovation, die mit den “Baskets” entstand, ist der “Lip Wrap” der kontrastierende Farbring um die Gefäss-Öffnung.

Jetzt drehen Sie sich bitte herum und recken den Hals damit Sie den kunterbunten Kandelaber in aller Pracht bewundern können. Er trägt den Namen “Carnival Chandelier” und läßt Assoziationen zum Karneval in Venedig vermuten. Das Chihuly Team nennt diesen Typ allerdings den “End of the Day Chandelier” also den Feierabend-Leuchter. Warum? Nun, die Mitarbeiter haben untertags an vielen unterschiedlichen Kandelabern gearbeitet und oft mehr Elemente produziert als nötig waren.

Kurz vor Dienstschluss sammeln sie die Überbleibsel ein und puzzeln sie zu einem phantasievollen Gebilde zusammen. Alle, die schon einmal in Venedig und Murano gewesen sind, können an diesem Kandelaber aber auch erkennen, wie stark Chihuly noch von Venezianischer Glaskunst beeinflußt ist. Übrigens…dieser Leuchter ist aus 158 Einzelstücken zusammengesetzt!

Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, möchte Chihuly, dass Sie so nah wie möglich an seine Kunstwerke herankommen können – solange Sie nichts anfassen! Umso verwunderlicher ist es, wenn Sie vor den nächsten Ausstellungsstücken eine dicke Glasscheibe sehen. Was hier hinter Glas verborgen ist, sind “Seaforms” oder ozeanische Formationen und der Künstler wollte mit der Glasfront in Ihnen die Assoziation von einem Aquarium wecken. Chihuly experimentierte immer noch an seiner “Basket”-Serie als er sich entschied, Gussformen auszuprobieren. Bei dieser Methode wird die Glasblase in die Gussform gepresst und gleich wieder herausgenommen. Durch die Gussform sind in der Blase Rippen entstanden – wie bei einem Kuchen in der Kugelhupfform – und diese Rippen machen die Form stabiler, so dass man sie größer und dünner machen kann. Die fast unsichtbaren Rippen sind erkennbar, wo die weissen Spiralen ein Fischgrätmuster bilden. Wir sind sehr stolz auf unser schwarz-weißes Seaform-Set, weil es so elegant ist und wirklich aussieht wie ein Korallengebilde aus der Tiefsee!

Bevor Sie sich nun von dem riesigen blauen Kandelaber verzaubern lassen, möchte ich Sie bitten, einen Blick auf die “Drawing Wall” die Bilderwand zu werfen. Nachdem Chihuly Unfall bedingt das Glasblasen aufgeben mußte, entdeckte er die Malerei als Medium künstlerisch weiterhin kreativ zu sein. Dazu platziert er Aquarellpapier auf den Fußboden, nimmt mit Acrylfarben gefüllte Spritzfläschchen und gestaltet schwungvoll sprühend und tröpfelnd seine Skizzen. Sehr oft werden sie im Glasstudio als Vorbilder für neue Designs benutzt.

Sind Sie nun bereit die Geschichte über den “Azul de Medianoche Kandelaber” zu hören? Übersetzt heißt er “Mitternachtsblauer Leuchter” und das erstaunlichste ist, dass er der Sammlung zum Geschenk gemacht worden ist! Im Jahr 2002 erwarb die Kunstsammlerin Joan Stonecipher das Prachtstück für ihre Privatwohnung in St. Petersburg. Als sie später nach Naples umzog, konnte sie ihn nicht mitnehmen und spendierte ihn dem Morean Arts Center. Der Kandelaber besteht aus 377 Einzelstücken, die mit Draht wie Christbaumkugeln an einem Stahlgerippe festgemacht sind. Er wiegt 500 Kilogramm und ist nur von aussen bestrahlt, weil Chihuly gerne mit den unterschiedlichen Lichtrefexionen spielt. Grundsätzlich betrachtet er seine Leuchter als Kunstwerke und nicht als Gebrauchsgegenstände, weshalb kein einziger innen Glühbirnen enthält. Als Regel gilt: wenn Sie je einen Leuchter in der Manier von diesem Exemplar sehen und er hat innen Glühbirnen, dann ist er definitiv nicht von Chihuly!

Können Sie sich vorstellen, wie man mit einem solchen Kandelaber umzieht? Also: Sie müssen alle Glaselemente abnehmen, müssen das Stahlgerippe abmontieren, die Zimmerdecke in der neuen Residenz muss verstärkt werden, dann wird das Stahlgerippe installiert und wenn Sie endlich dazu kommen, die 377 Einzelstücke auszuwickeln, stellen Sie fest, dass sie nicht nummeriert sind! Was bedeutet, dass der Kandelaber anders aussehen wird als zuvor!

Unser nächstes Schaustück heißt “Sunset Persian Wall”. Stellen Sie sich vor, daß Sie am Strand sind, die Sonne bereits untergegangen ist und Sie noch viele orange Wölkchen am Himmel sehen? Was ich als Wolken bezeichnet habe, nennt Chihuly “Persians” weil sie den Künstler an Blumen aus dem Fernen Osten erinnern. Sind Sie schon einmal in Las Vegas gewesen und haben im Bellagio Hotel vorbeigeschaut? Dann haben Sie bestimmt die 2000 persischen Glaselemente bewundert, die Chihuly dort 1998 an die Decke der Lobby angebracht hat. Die monumentale Installation machte ihn noch mehr berühmt!

Kommen Sie bitte nun mit mir um die Ecke und schauen Sie sich mein Lieblingskunstwerk an! Diese wunderschönen und riesigen “Murmeln” heissen “Niijima Floats”, benannt nach der Insel Niijima in der Tokio-Bay. Chihuly arbeitete dort gemeinsam mit japanischen Glasbläsern und beobachtete, als er mit dem Rad ins Studio fuhr, dass japanische Fischer immer noch gläserne Schwimmer an ihren Netzen befestigten. Das erinnerte ihn an seine Kindheit an der amerikanischen Westküste, wenn er nach einem Sturm das Ufer vom Puget Sound ablief und angespülte Glas-Schwimmer aufsammelte. So kam ihm die Idee, eigene Schwimmer zu gestalten und als er 1995 in Finnland arbeitete, entstanden die ersten “Floats” Sie sind die größten und schwierigsten Gefäße, die geblasen werden, sie können einen Durchmesser bis zu einem Meter und ein Gewicht von 36 Kilogramm haben.

Während ihres Aufenthaltes in Finnland experimentierte das Team mit temporären Installationen am nahe gelegenen Fluss, gelegentlich warf man auch die neuen Glaskugeln ins Wasser und liess sie flussabwärts treiben. Eines Tages passierte es, dass Teenager in ihrem Boot das gläserne Treibgut auffischten und an Bord holten. Als Chihuly das mit Floats beladene Boot entdeckte, fand er den Anblick so faszinierend, dass er beschloss, in Zukunft seine Floats immer in einem Boot zu präsentieren! Hier sehen Sie 140 Schwimmer ausbalanciert im Boot und auf der schwarzen Plexiglas-Fläche.

Die “Persian Ceiling” hält eine Herausforderung für Sie bereit: die persischen Glaselemente sind in einem relativ engen Flur an der Decke auf einer dicken Glaswand übereinander gestapelt und Sie werden sich vorkommen, als seien Sie in eine Wasserwelt eingetaucht. Das ist aber noch nicht alles, denn das Chihuly-Team versteckte in der bunten Formenvielfalt drei organische Elemente, die der berühmte Glasbildner Pino Signoretto schuf. Sie werden “Putti” genannt, das italienische Wort für Barockengel, und in der Tat müssen Sie auch nach einem Cherub Ausschau halten. Die Suche beginnt allerdings mit einer grossen Krabbe und einem Nautilus aus klarem Glas. Bitte schlendern sie gemütlich den Gang entlang, geniessen Sie die Formen- und Farbenpracht und finden Sie die “Putti”!

Können Sie sich vorstellen, dass Pino Signoretto schon im Alter von zehn Jahren anfing in einem Glas-Studio zu arbeiten? Als Teenager wurde er Lehrling bei den legendären Meistern Barbini und Seguso in Murano und wurde mit 16 Jahren zum Meister ernannt. Er schuf Werke für Salvador Dali, Jeff Koons und Dale Chihuly. Er starb im Dezember 2017 im Alter von 74 Jahren.

Am Ende des Flurs stossen Sie auf eines unserer drei “Ikebana”. Ikebana ist die traditionelle Kunst der Japaner Blumen zu arrangieren und sie geht zurück auf das 7. Jahrhundert, als Japaner begannen buddhistische Altäre zu dekorieren. Inzwischen ist die Disziplin eine Kunstform, die in der ganzen Welt von Blumenliebhabern praktiziert wird. Sehr oft beginnt man ein Arrangement mit drei Blumenstengeln in Dreieck-Position, die “Himmel”, “Erde” und “Mensch” repräsentieren sollen. Wenn Sie nun nach links schauen, sehen Sie ein klassisches Ikebana, das Ikebana rechts würden Ikebana-Enthusiasten als “free style” bezeichnen. Wir Dozenten nennen die Ikebana unseren “Kleinen Horroladen” nach dem Musical von Howard Ashman, in dem ein unglückseliger Florist in die Fänge einer blutsaugenden Pflanze gerät. Die Blumenstengel, Blätter und Blüten entstehen in Kollaboration mit Lino Tagliapietra einem ebenfalls international bekannten venezianischen Glaskünstler. Chihuly lernte Tagliapietra 1968 während seines Fulbright Fellowships in Murano kennen und sie arbeiten seitdem immer wieder eng zusammen.

Einer der faszinierendsten Kandelaber ist der “Ruby Red Icicle Chandelier” der 2010 extra für unsere Sammlung gestaltet wurde. Dass die rubinroten 336 Elemente wirklich wie Eiszapfen aussehen liegt daran, dass ihre Oberflächen und Spitzen mit klarem Glas überzogen wurden. Die Eiszapfen sind unsere unsere dicksten Glasstücke und deshalb wiegt der Kandelaber auch 362 Kiligramm, normalerweise ist die Glasschicht nur etwa so dick wie die einer Bierflasche.

Lassen Sie uns nun einen Blick auf die zierlichen Gefäße werfen, die Chihuly als “Venetians” bezeichnet. Eine Ausstellung von Art Deco Vasen, die er in einem venezianischen Palast sah, inspirierte ihn zu der Serie. Gemeinsam mit Lino Tagliapietra startete er das Projekt einen eigenen Art Deco Stil zu entwerfen. Im Lauf des Entwicklungsprozesses befreiten sich die Künstler mehr und mehr von den strengen Formen, die Objekte wurden immer skurriler und haben nun eher einen barocken Anklang.

Wie ich bereits am Anfang erwähnte, studierte Chihuly in den 1960er Jahren zunächst Innenarchitektur und Design. Er arbeitete viel mit Neon, was damals sehr populär und ganz modern war. Sein Freund und Kollege Jamie Carpenter und er kreierten sogar eine Neon-Installation für ihre Abschlussprüfung an der Rhode Island School of Design. In den 1990er Jahren begann er sich wieder für Neon zu interessieren als er sich auf eine Ausstellung in Tacoma, Washington vorbereitete, dabei entstanden die “Neon Tumbleweeds”. Botanisch nennt man sie Amaranthus, in deutsch sind sie bekannt als Fuchsschwanzgewächs. Dies ist der einzige Kandelabertyp der von innen beleuchtet ist und – abgesehen vom mysteriösen Aussehen können Sie auch hören, wie das Neon in den Röhren zischelt.

“Mille Fiori”heißt “tausend Blumen” auf italienisch. Während Sie die Installation bewundern, können Sie sich eine Insel voller tropischer Pflanzen und Blüten vorstellen oder vielleicht eine exotische Landschaft in den Tiefen des Ozeans. Manche Leute behaupten, Mille Fiori seien eine Liebeserklärung an Chihulys Mutter, die eine leidenschaftliche Gärtnerin war. Eine weiterer Aspekt der spektakulären Installation ist, dass das Chihuly Team alle unterschiedlichen Formen und Techniken, die in den vergangenen 45 Jahren entstanden, vorstellen will. So erkennen Sie Gebilde wieder, die Sie schon gesehen haben, wie den riesigen Niijima Schwimmer und einen gelb-roten Kandelaber, der hier allerdings “auf dem Kopf steht”. Neu sind die blauen Froschfüße, das lila Reet, blaue und rote Reiher, bizarre Schlangenzungen, gelbe Kürbisse und bunte Kalebassen, grüne Agaven, orange und braune Speere…alles in allem sehen Sie 454 Einzelstücke auf der schwarzen Plexiglas-Plattform. Fragen Sie sich nun, wie die alle installiert wurden? Ganz einfach: es wurden Stahlstäbe im Boden der Plattform befestigt und die Ausstellungsstücke, die ja alle geblasen und innen hohl sind, wurden locker über die Stäbe gestülpt.

Der “Macchia Forest” markiert das große Finale unserer Sammlung. Chihuly nannte die Installaltion einen “Wald” weil er sich vorstellte, dass die Podeste Baumstämme und die Glasschalen Baumkronen sind. Die Idee zu diesen gigantischen Gefäßen kam ihm, als er eines morgens beschloss, einmal alle 300 verschiedenen Glasfarben auszuprobieren, die in seinem Studio angesammelt hatten. Er machte Farbtabellen für die Innenseiten der Formen und weitere Tabellen für die Vielzahl der Flecken und Punkte an den Aussenseiten. Das italienische Wort für gefleckt oder gepunktet ist “macchia”, ein passender Name für die Serie! Um zuverhindern, dass die Farben der Innenseite sich optisch mit denen der Aussenseite vermischen, platzierte er in der Mitte der Farblagen eine Schicht aus weissem Glas. Viele der Macchia haben unten noch eine Fläche aus klarem Glas, damit Licht hindurch scheinen und bunte Reflexionen an den Wänden entstehen können. Und zuletzt beachten Sie noch die erstaunlichen “lip wraps” – die kontrastierenden Farbbänder an der Oberkante der Gefäße, die eine besondere Spezialität in Chihulys Gesamtwerk sind! Mich erinnern die “Macchia” immer an riesige, urtümliche Muscheln aus dem tiefsten Meeresgrund. Damit sind wir am Ende unserer Tour angelangt, vielen Dank, dass ich Sie begleiten durfte, Auf dem Weg nach draußen, können Sie gerne ein wenig in unserem Kino verweilen oder die Sonderausstellung betrachten, in der ausserordentliche zeitgenössische Glaskünstler vorgestellt werden. Vergessen Sie nicht unseren Hotshop im Morean Arts Center gegenüber zu besuchen und sich eine Demonstration unserer lokalen Glasbläser anzuschauen!

So long, Fair well, Auf Wiedersehen und Good-bye

Translation by our beloved docent Ruth Defoy – Danke!